Stonecycling: Zwischen Tradition und Recyclingkultur

 

Wer an Holland denkt, dem kommen die typischen Viertel und Häuser aus Backstein in den Sinn. Das Material prägt die Region seit Jahrhunderten – ebenso wie das architektonische Lexikon der Amsterdamer Schule, die Anfang des 20. Jahrhunderts die Physiognomie des Landes entscheidend bestimmt hat.

Wie in Zeiten der Kreislaufwirtschaft der Traditionsbaustoff aus Bauabfall hergestellt und angewendet werden kann, machen heutzutage Stonecycling und sein Gründer Tom van Soest vor. Die Idee entstand um 2010, als Tom van Soest – noch Student an der Design Academy – anfing, zuerst rudimentär, Bauabfälle zu zermahlen und zu mixen, um neue Materialien herzustellen.

Nach mehreren Testläufen und dem Erlangen der entsprechenden Zertifizierungen bezüglich Standsicherheit und Umweltverträglichkeit wurde 2015 die Produktion von Stonecycling gestartet. Die Zutaten – Abfälle aus der Keramik-, Glas- und Dämmindustrie sowie Tonreste aus der traditionellen Ziegelherstellung – stammen alle aus einem Umkreis von 100 km. Aus deren Zusammensetzung durch verschiedene Rezepturen entstehen Ziegel, die in Bezug auf Farbe, Form und Textur einzigartig sind. Die genauen Herstellungsrezepte werden von Stonecycling geheim gehalten, nichtsdestotrotz wurden Auflagen erfüllt bezüglich der nicht zu verwendenden Komponenten: dazu gehören Flugasche, Schwermetalle und Zementabfälle, die mit anderen Materialien schlecht reagieren.

Die Vorgangsweise des Unternehmens fügt sich in einem generellen Trend, in dem Holland als Vorreiter in der Cradle to Cradle Bewegung zählt. Initiiert Ende der 90er von dem deutschen Chemiker Michael Braungart und dem US‑Amerikanischen Architekten William McDonough, basiert das „Cradle-to-Cradle“ Prinzip auf der zirkulären Verwertung von Produkten, die entweder als biologische Nährstoffe in biologische Kreisläufe oder als „technische Nährstoffe“ kontinuierlich in technische Kreisläufe zurückgeführt  werden. Eines der Instrumente für die Umsetzung dieser Idee ist die Einführung des sogenannten Baustoffpasses, der die verwendeten Baumaterialien klar identifiziert, um sie am Ende des Lebenszyklus eines Gebäudes wiederzuverwenden.

Unter dieser Perspektive werden Unternehmer wie Stonecycling künftig ihren Kunden den Rückkauf bzw. die Wiederverwendung ihrer Produkte anbieten können, was Anreize für einen strategischen bzw. kostenmindernden Abriss bietet. Aber besonders reizend an der Idee dieses Unternehmens ist die Forderung einer regionalen Bauindustrie, die aus den lokalen Ressourcen schöpft, nicht nur im technischen Sinn sondern auch in kultureller Hinsicht, indem sie an die lokale Bautradition anknüpft und sie weiterdenkt.